Alter Tornow

Aus PotsdamWiki

ehem. Alter Tornow, 2014

Alter Tornow war ein Ausflugslokal auf der Halbinsel Hermannswerder. Es befand sich in der heutigen Tornowstraße 35. Seit 1995 nutzt das "Jugendhaus Oase" der Hoffbauerstiftung das Anwesen für seine Arbeit.

Neben dem eigentlichen Gastraum inklusive Nebenräumen gibt es auch ein Strandcafe und einen Biergarten mit überdachter Terrasse.

Geschichte

Alter Tornow, 1935

Die Gründung des Lokals wird in die Jahre 1798/99 datiert. Der Wirt Pasewald nutzte eine im 18. Jahrhundert angelegte Badeanstalt mit großem Zulauf (damals war das freie Baden noch als unsittlich verpönt) und richtete in unmittelbarer Nähe eine Gaststätte ein. Da der Anfahrtsweg auf die Halbinsel sehr beschwerlich war, wurde ein Fährverkehr mit so genannten "Bankenkähnen" eingerichtet. Der Gewinn aus der Wirtschaft war nicht sehr hoch und so wechselte im Laufe der Jahre der Eigentümer bzw. der Pächter.

Die Tabagie der Pasewaldts musste 1838 zwangsversteigert werden und sie erwarb der vergnügte Weinhändler Louis Drucker (~1801 bis 1860) aus Berlin, der ab Pfingsten 1839 in diesem Sommer-Etablissement auf Tornow (der Artikel wurde nicht angegeben) mehrmals in der Woche zu diversen Veranstaltungen auf amüsante Art und Weise einlud: zu National-Theater auf Tornow, Konzerten, Vorträgen, Ballet und als besondere Höhepunkte zu Wettrennen, zunächst mit Hunden und dann mit Eseln. Druckers späteres Engagement für die Ziele der 1848er Revolution deutete sich dabei schon an, denn am Sonntag 29.September 1839 ließ er den ‚Vollblutesel 'Dom solrac‘ mitlaufen. Unklar bleibt, wer damit gemeint war. Klar ist, dass ‚solrac‘ spiegelbildlich mit Carlos zu lesen ist. Aus Zeitungsberichten ist ersichtlich, dass die politische Zensur danach eingegriffen hat und seitdem Louis Drucker auf Tornow keine Veranstaltungen mehr organisieren durfte. Louis Drucker, der beständig mit ‚Überfluss an Geldmangel‘ zu kämpfen hatte, konnte die Restauration nicht halten und am 18. November 1841 wurde sie zwangsversteigert und gelangte über einen Strohmann in den Besitz der Hohenzollern. Friedrich Wilhelm IV. wollte das Grundstück in sein Phantasieschloss Belriguardo einbeziehen.

Zeitweilig gehörte der nördliche Teil der Halbinsel dem Hause Hohenzollern. König Friedrich Wilhelm IV. kaufte den Inselteil im Jahr 1841, um hier ein kleines Schloß mit Park bauen zu lassen. Doch die Eigentümerin des südlich gelegenen Rittergutes wollte nicht verkaufen. Und so verkaufte Kaiser Wilhelm I. das Areal im Jahr 1871.

Nachdem das Ausflugslokal abbrandte, erwarb die Kreis- und Sternschifffahrtsgesellschaft das Gelände. Sie baute nicht nur die Gaststätte neu auf, sondern errichtete auch, etwa 300 Meter westlich der heutigen Anlegestelle der Fähre, einen Steg zum Anlegen ihrer Schiffe. Seit 1918 gab es für den Alten Tornow konkurenz in unmittelbarer Nähe. Das "Fährhaus Alter Tornow" wurde eröffnet. Doch das "Fährhaus" war auf die noble kundschaft ausgerichtet, wogegen im "Alte Tornow" die allgemeine Bevölkerung verkehrte.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde das noble "Fährhaus durch Bomben beschädigt. Es wurde nach dem Krieg als Lehrlingswohnheim genutzt und später zog das Bezirkshygieneinstitut in die Räumlichkeiten. Der Alte Tornow dagegen wurde zunächst durch Karl Beckmann weiterbetrieben Er übernahm jedoch den Namen des Nobelrestaurants, wodurch aus dem Alten Tornow das "Fährhaus Tornow" wurde. Doch bereits in den 1950er Jahren wurde in der Gaststätte ein Lehrlingswohnheim eingerichtet. Seit 1995 nutzt das "Jugendhaus Oase" der Hoffbauerstiftung das Anwesen für seine Arbeit.


Weblinks

Quellen

  • ARLT, Klaus (2015): Bürgerliche und königliche „Vergnügungsörter“ des 19. Jahrhundert auf dem Tornow. -- Mitt. Ver. Kultur und Geschichte Potsdam, Studiengemeinschaft Sanssouci e. V., 20. Jg.; S. 125-140.
  • PAECH, Hans-Jürgen (2016): Zum Leben und Wirken des vergnügten Weinhändlers Louis Drucker (etwa 1801 bis 1860). - 51 Seiten, 31 Abbildungen, 13 Literatur und 255 Fußnoten https://opus4.kobv.de/opus4-slbp/frontdoor/index/index/docId/9338
  • „Potsdam-Lexikon, Stadtgeschichte von A bis Z“, Götzmann, Jutta; Wernicke, Thomas; Winkler, Kurt (Hrsg.); Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin, 2010, S. 219f; ISBN 978-3-942476-03-4.
Cookies helfen uns bei der Bereitstellung von PotsdamWiki. Durch die Nutzung von PotsdamWiki erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies speichern.