Villa Kellermann

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Die Villa, im Sommer 2006

Die Villa Kellermann (bei der Baubehörde/Denkmalschutzamt heißt die Villa von Hardt*) befindet sich in der Mangerstraße 34–36 am Heiligen See in der Berliner Vorstadt von Potsdam und steht unter Denkmalschutz (Objekt Dokumenten Nummer 5000 09155734). Der Schutz wurde schon zu DDR-Zeiten ausgesprochen (eine Begründung wurde nicht erstellt). Seit September 2019 wird es wieder als Restaurant und in den oberen drei Geschossen mit Apartments genutzt.

Geschichte

Von 1914 bis 1945

Die Villa wurde im Jahr 1914 durch den Architekten A. Günther für den königlich-preußischen Zeremonienmeister von Kaiser Wilhelm II. (von 1914 bis 1918) Friedrich Wilhelm von Hardt (1855-1938) geplant. Das Haus war bereits damals mit einem Speisenaufzug und einem Fahrstuhl mit vier Einstiegsebenen ausgestattet. Außerdem verfügte es im Vorgarten über eine eigene Tankstelle mit einem 750-Liter-Tank und einer Zapfsäule.

Wann von Hardt die Villa verkaufte, ist nicht zu ermitteln (wahrscheinlich um 1919). Danach gehörte das Haus dem jüdischen Bankier Emil Wittenberg (Nationalbank für Deutschland AG in Berlin), der 1932 zuerst in die Schweiz und später in die USA floh und 1933 starb. Seine Erben wurden von den Nazis durch eine Zwangsversteigerung 1938 enteignet. Danach zog die Heeresleitung der Wehrmacht dort ein. In den letzten Kriegswochen hatte der Kommandant der eilig zusammengestellten „Infanterie-Division Potsdam“, Gustav Adolf von Wulffen, dort seinen Dienstsitz.

ab 1945

Mit großer Geste schenkte 1945 der sowjetische Kulturoffizier der sowjetischen Militäradministration Brandenburg (SMA) für Zivilangelegenheiten in Potsdam, Generalmajor W. M. Scharow/Sharow, die Villa an den proletarischen Maler Otto Nagel, der gerade mit seiner aus St. Petersburg stammenden zweiten Ehefrau (seit 1926) Schauspielerin Walentina („Walli“) Nikitina (1904–1983) aus dem Moskauer Exil zurückgekehrt war. Nagel, der zu den Gründern des Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (Kulturbund) zählte, übertrug die Villa dem Kulturbund, dessen brandenburgischer Vorsitzende er wurde. Die Räume der Villa am Heiligen See präsentierte man nach einer umfassenden Renovierung am 24. März 1946. 1956 erhielt das Gebäude den Namen "Kulturbundhaus Bernhard Kellermann" nach dem Schriftsteller Bernhard Kellermann (1879–1951), der durch seinen Roman „Der Tunnel“ (1913) bekannt wurde. Zu den Begründern des Kulturbundes in Potsdam hatten nach dem Krieg Künstler von nationalem Rang, neben Nagel und Kellermann der Astronom und Schriftsteller Bruno H. Bürgel., gehört. Ferner der Komponist und Dirigent Hans Chemin-Petit oder die Maler Max Pechstein und Magnus Zeller. Auch der renommierte Altphilologe August Grisebach sowie Staudenzüchter Karl Foerster schlossen dem Kulturbund sich an.

In diesem Haus trafen sich Natur- und Heimatforscher, Philatelisten, Hobbyschriftsteller und -fotografen und andere mehr. Besonders populär war der dem Kulturbund angeschlossene Humboldt-Klub für Intellektuelle und Künstler. Sie konnten mit ihren Mitgliedern selbstständig die zahlreichen Veranstaltungen gestalten. Als legendär waren die Faschingsveranstaltungen der 60er und 70er Jahre in Erinnerung, für welche die DEFA die Räume immer zauberhaft dekorierte, oder die wöchentlichen Club 3-Tanzpartys mit Live-Band.

Im „Kellermann-Haus“ hatte sich 1988 die Arbeitsgemeinschaft für Umweltschutz und Stadtgestaltung, kurz „Argus“, gegründet. Es waren Potsdamer wie Carola Stabe, Wieland Eschenburg und Matthias Platzeck, der spätere Ministerpräsident, die dem erschreckenden Verfall ihrer Heimatstadt nicht länger zusehen wollten. Sie trafen sich unter dem Dach des Kulturbundes – beobachtet von der Stasi – in der Villa.

Im Mai 1990 stellte der Kulturbund der DDR seine bisherige Arbeit ein.

Ab 1994 gehörte die Villa der Jewish Claims Conference (JCC) - wegen des letzten rechtmäßigen Eigentümers, dem jüdischen Bankier Emil Wittenberg. 1996 kaufte der Investor Johannes Rey die Villa für 5,5 Millionen DM, der aus dem Haus eine Spielbank (Casino) machen wollte. Im gleichen Zeitraum kaufte er auch die Häuser Mangerstraße 37 und 39 und das Landhaus Rubinski in der Seestraße 45.

Als Rey in wirtschaftliche Schwierigkeiten kam, wurde es von der Bank zwangsversteigt.

Seit dem Jahr 2005 gehörte die Villa dem Ehepaar Gisela und Hans-Joachim Sander, die zu den Erben des Kosmetikkonzerns „Wella“ gehören. Sie haben das 2.700 Quadratmeter große Grundstück für 1,9 Millionen Euro in einer Zwangsversteigerung erworben. Das Ehepaar Sander wollte es ursprünglich privat nutzen. Es kam nicht dazu.

Seit 2015 ist die Villa im Besitz der Familie Jauch. Sie wurde mit hohem Aufwand denkmalgerecht innen und außen saniert. Die planenden Architekten war das Architekturbüro Antenbrink aus Berlin. Im Erdgeschoss "Belletage" gibt es ein Restaurant und in den drei Obergeschossen sind neun Luxus-Apartments fürs Wohnen auf Zeit.

Villa von Hardt/Villa Kellermann - Straßenseite Januar 2021

Das Restaurant "Villa Kellermann"

Von 1990 bis 2009

Mit dem Rechtsnachfolger des DDR-Kulturbundes, dem Brandenburger Kulturbund, schloss der Gastwirt Maximilian Dreier 1990 einen zehnjährigen Pachtvertrag für sein „Ristorante Villa Kellermann“ mit einer Option bis ins Jahr 2010 ab. Nachdem Rey 1996 Eigentümer wurde, gab es Rechtsstreitigkeiten und bauliche Schikanen durch Rey, die es sehr erschwerten, das Restaurant weiter zu betreiben (siehe Quellen). Auch die nachfolgenden Eigentümer Sander (seit 2005) hatten kein großes Interesse an der Weiternutzung und daher endete im Januar 2009 die Nutzung als Restaurant.

Ab 2019

Villa von Hardt/Villa Kellermann - Seeseite April 2020

Die Familie Jauch und der Berliner Sternekoch Tim Raue planten gemeinsam ein neues Restaurant in der Belletage. Im September 2019 wurde es mit drei Räumen und der Gartenterrasse eröffnet. Das kulinarische Konzept stammt von Tim Raue und sein langjähriger Koch Christopher Wecker wurde Leiter der Küche. Er übernahm den bisherigen Namen "Villa Kellermann" für sein Restaurant.

Günther Jauch wurde schon im November 2019 vom Restaurant-Führer "Gault&Millau zum „Gastronom des Jahres“ gekürt. In 2022 wurde das Restaurant mit zwei Gault&Millau-Kochmützen ausgezeichnet. In Worten bedeutet das: hoher Grad an Kochkunst, Kreativität und Qualität.

Zum 1. Juni 2023 schied Tim Raue aus der Leitung des Restaurants aus und der bisherige Küchenleiter Christopher Wecker übernahm die Leitung.







  • *Hinweis zur Benennung von historischen Gebäuden in Potsdam: Die Baubehörde und die Untere Denkmalschutzbehörde von Potsdam benennt in der Regel das Gebäude nach dem ersten Bauherrn. Von 1945 bis 1990 wurde das Gebäude "Bernhard-Kellermann-Haus" genannt. Als das Restaurant 1990 eröffnet wurde hieß es "Villa Kellermann".

Quellen

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