Nattwerder

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Kolonistendorf Nattwerder, 2018
Die Kirche von Nordwesten, 2011

Nattwerder ist ein Ortsteil von Potsdam und liegt im Nordwesten der Stadt, direkt an der Wublitz, einem Nebenarm der Havel. Der Ortsname stammt aus dem ostniederdeutschen Dialekt, auch Märkisch-Plattdeutsch genannt, und bedeutet „Nasse Insel“.

Sehenswert ist die Dorfkirche und der umliegende Friedhof. Die ursprüngliche Aufteilung auf die einzelnen Kolonisten ist noch heute ersichtlich. Das älteste Grabmal stammt aus dem Jahre 1856.

Die ursprüngliche Anlage des Ortes auf einem geologischen Stock ist heute noch voll erkennbar, wobei die vier Schweizer Höfe im Jahre 1867 durch Blitzschlag abgebrannt, aber noch im gleichen Jahr als Dreiseitenhöfe spiegelbildlich wieder aufgebaut worden sind.

Die Ansiedlung hat heute ungefähr 40 Bewohner, worunter sich immer noch Nachfahren der einstigen Schweizer Kolonisten befinden.

Geschichte

Nattwerder wurde nach dem 30-jährigen Krieg (1618-1648) durch den preußischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm angelegt. Die verwüstete und entvölkerte Mark Brandenburg benötigte dringend neue Einwohner zum Wiederaufbau des Landes. Daher warb der so genannte Große Kurfürst Kolonisten an, die sich in der Mark ansiedeln sollten um die Wirtschaft des Landes voranzubringen. Dazu gewährte er ihnen Glaubensfreiheit und bot zahlreiche Privilegien an.

Kirche Nattwerder, 2018

Am 18. Juni 1685 gingen die ersten Kolonisten nach einer beschwerlichen Schiffsreise etwa einen Kilometer von Nattwerder entfernt an Land. Sie stammten aus Bern in der Schweiz. Doch der Beginn war sehr hart. Die Siedlung trug nicht von ungefähr den Namen „Nasse Insel“. Es galt als erstes, das Gebiet im Golmer Luch trocken zu legen. Obwohl viele Familien fortzogen, war die Ansiedlung erfolgreich. Der Kurfürst ließ aus Dankbarkeit für die Kolonisten eine Kirche bauen, deren Baukosten er selbst übernahm. Die Kirche wurde 1690 eingeweiht.

1939 wurde Nattwerder nach Potsdam eingegliedert. Mit der Gebietsreform von 1952 gehörte Nattwerder als Ortsteil zur nördlich gelegenen Gemeinde Grube. Mit der angeordneten Gebietserweiterung von Potsdam von 2013 wurde Grube, und somit auch Nattwerder, zu einem Ortsteil der brandenburgischen Landeshauptstadt.

Dorfkirche Nattwerder

Blick auf die Orgelempore

Das Kirchlein in Nattwerder ist ein schlichter, massiver Saalbau mit drei Fensterachsen und einem dreiseitigen Ostschluss. Über dem Westgiebel erhebt sich ein niedriger, quadratischer Turm mit ziegelgedecktem Pyramidendach. Die glatt verputzte Außenfassade ist mit Korbbogenfenstern versehen, die durch schlusssteinartige Bekrönungen hervorgehoben werden. Im Inneren öffnet sich der Turmbereich korbbogig zum Kirchenraum und enthält eine bauzeitliche Empore, die sich beidseitig fortsetzt. Auch die polygonale Holzkanzel entstand 1690. Im Jahr 1797 wurde über dem Abendmahlstisch eine Ostempore errichtet, getragen von zwei bauchigen dorischen Holzsäulen und mit vorschwingender Brüstung zur Aufstellung einer Orgel.

Abendmahlstisch

Die pedallose Orgel des Johann Friedrich Starke aus Treuenbrietzen verfügte in einem spätbarocken Gehäuse über lediglich vier klingende Stimmen. Sie wurde 1845 durch Gottlieb Heis und 1872 durch Carl Gesell repariert. 1917 mussten sämtliche Metallpfeifen für Kriegszwecke abgeliefert werden. Jahrzehntelang bot sich daraufhin der traurige Anblick eines leeren Orgelgehäuses mit hölzernen Pfeifenattrappen. Am 5. Mai 1996 schließlich wurde ein von der Orgelwerkstatt Schuke neu erbautes Instrument eingeweiht. Es verfügt über sieben Manual- und ein Pedalregister. Wie einst drehen sich Sonne und Mond beim Zimbelklang am spätbarocken Prospekt.

Engagement für das Flächendenkmal Nattwerder

Der Potsdamer Ortsteil ist heute ein Flächendenkmal. Die Kirche, der Friedhof und einige der Gehöfte sind original erhalten. Dank des Engagement des Vereins „Schweizer Kolonistendorf Nattwerder e.V." wird das „Denkmal Nattwerder“ bewahrt und Besuchern zugänglich gemacht. Etwas über 20 Mitglieder gehören dem Verein an. Sie kümmern sich zum Beispiel um den Erhalt des Kirchhofs und lassen Grabsteine restaurieren. Mehrmals im Jahr lädt der Verein zu Sommermusiken in die Kirche ein.

Enthüllung des Gedenksteins zur Erinnerung an die Ankunft der ersten Schweizer Kolonisten. Nattwerder, 20.06.2025

340 Jahre nach der Ankunft der Schweizer Kolonisten wurde ein Gedenkstein feierlich enthüllt. Der Findling mit Plakette erinnert an die Ankunft der ersten Schweizer Kolonisten am 18. Juni 1685. Die Aufstellung des Gedenksteins war ein Projekt, an dem der Verein zwei Jahre gearbeitet hat: Die Gemeinde Thierachern im Kanton Bern stiftete den Findling und den Transport. Eine der einst 14 Einwandererfamilien stammte aus Thierachern, und der Verein aus Nattwerder unterhält seit einigen Jahren eine freundschaftliche Beziehung zum „Verein Geschichte Thierachern“. Eine andere Familie aus Nattwerder stellte seinen Grund und Boden für den Gedenkstein zur Verfügung. Die Stadt Potsdam finanzierte das Fundament. Der Gedenkstein hat jetzt seinen Platz am Ufer der Wublitz nahe der Einhaus-Brücke.

Weitere Bilder

Quellen

  • „Die Kirchen der Potsdamer Kulturlandschaft", Andreas Kitschke, Lukas-Verlag, 2017, Seiten 44-46; ISBN 978-3-86732-248-5

Weblinks

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