Landhaus Rubinski

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Landhaus Rubinski Seeseite 2016

Das Landhaus Rubinski befindet sich am Ostufer des Heiligen Sees in der Seestraße 45 in der Berliner Vorstadt von Potsdam. Von September 1958 bis 1990 (genauer Zeitpunkt nicht bekannt) war in dem Gebäude das ehemalige Haus der Lehrer untergebracht. Vorher war dieses in der Seestraße 41/42 (Landhaus Prölß).

Das Landhaus wurde im Januar 2006 unter Denkmalschutz gestellt. In der von der Unteren Denkmalschutzbehörde von Jörg Limberg im November 2005 verfassten „Begründung der Unterschutzstellung“ wird ausführlich über den Baustil, die Bauplanung und -ausführung und die Besonderheiten der Architektur geschrieben (siehe nächsten Absatz). Über die Landesbehörde Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (BLDAM) in Zossen wurde das inhaltlich unveränderte Gutachten vom damaligen Dezernatsleiter Dr. Ralph Paschke genehmigt und führte zum Denkmalschutz. In der Liste der Baudenkmale in Potsdam wird es ab 1. Januar 2006 unter der OBJ-Dok-Nr.: 5000 09156718 geführt. Die Eintragung umfasst die Gebäudeanlage in ihrer Gesamtheit, einschließlich der Raumstruktur, der wand-festen Ausstattung, wie Türen, Fenster, Treppen, Geländer und Details, wie Klingelschilder, Griffe etc. sowie die straßenseitige Einfriedung.

Geschichte

Von 1912 bis 1945

Das 1912/1913 errichtete Landhaus (Grundbuchbezirk Potsdam, Band 46, Blatt 1891-Gemarkung 0501, Flur 2, Flurstück 487) wurde von dem jüdischen Warenhausbesitzer Julius Rubinski erbaut und nach ihm benannt – bis 1912 hieß die Seestraße noch „Straße Nr. 1“. Bauausführung und Architekt war mit großer Wahrscheinlichkeit das Baugeschäft Adolf & Friedrich Bolle aus Potsdam. Fertigstellung war im Mai 1913.

Julius Rubinski war seit 1897 Prokurist und ab August 1901 Geschäftsführer und persönlich haftender Gesellschafter des in der Brandenburger Straße 30-31/Ecke Jägerstraße gelegenen Warenhauses M. Hirsch KG, als zusammen mit dem Hamburger Handelshaus M. J. Emden Söhne eine Kommanditgesellschaft gegründet wurde. Er wurde am 10. Juni 1872 in Insterburg/Ostpreußen geboren und war mit Paula David (20. Dezember 1878 in Osnabrück geboren – 1945 im KZ Auschwitz gestorben) verheiratet und hatte zwei Kinder: Alfred, geboren 1901 in Berlin oder Potsdam und Ilse, geboren 1907 in Berlin oder Potsdam. Ab Oktober 1916 war Julius Rubinski Alleineigentümer des Warenhauses, weil die Kommanditgesellschaft M. Hirsch aufgelöst und als Offene Handelsgesellschaft (OHG) weitergeführt wurde. Julius Rubinski starb im November 1916 in Potsdam und wurde auf dem Jüdischen Friedhof beigesetzt.

Nach dem Tod von Julius heiratete die Witwe Rubinski im November 1918 den Urologen Sanitätsrat Dr. med. Alfred Rothschild (geboren 1866 in Freiburg/Breisgau – gestorben Dezember 1942 in Theresienstadt). Im März 1934 stellten die Eigentümer Alfred und Ilse Rubinski (seit 17. Februar 1927 gemäß dem Testament ihres Vaters) über den Architekten Egon Eiermann den Antrag, das Haus als 2-Familien-Haus umzubauen. Dieser wurde aber schon im gleichen Monat zurückgezogen. Während der NS-Zeit wurde ihnen das Haus für das Polizeipräsidium Potsdam im Herbst 1941 abgekauft (es gibt in der Grundakte Acta specialia keinen Hinweis, dass ein Preis tatsächlich bezahlt wurde – wahrscheinlich wurden die Rubinski enteignet). Von Herbst 1941 bis Mai 1945 wohnte hier der SS-Oberführer (Stabsoffizier) und Potsdamer Polizeipräsident Heinrich von Dolega-Kozierowski.

Nach 1945

Nach dem Krieg wurde das Haus „volkseigen“ und das Land Brandenburg der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) Eigentümer. Es wurde zunächst als Gästehaus des Landes verwendet. Ab September 1958 wurde das Landhaus als „Haus der Lehrer“ genutzt. Wann dieses Haus von der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) geräumt wurde, ist nicht bekannt. Der FDGB löste sich zum 30. September 1990 auf.

Nach der Wiedervereinigung erwarb der Immobilienspekulant Johannes Rey (* 1953; † 9.10.2005 in Oberursel) um 1995 das Grundstück von der „Conference on Jewish Material Claims against Germany (JCC)“ und vermietete es an die Bildungseinrichtung ISBP - Internationale Schule Berlin Potsdam GmbH. Längere Zeit stand das Haus auch leer. Als Rey in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet (Zwangsverwaltung durch die Nassauische Sparkasse und Insolvenz) erstand im Februar 2005 der Modedesigner Wolfgang Joop die Villa mit dem 2.300 Quadratmeter großen Wassergrundstück für 2,1 Millionen Euro im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Er wollte es als Ausstellungsraum für seine Mode „Wunderkind“ nutzen.

Im Februar 2007 verkaufte Joop das Landhaus wieder und die neuen Eigentümern sanierten es denkmalgerecht sehr aufwändig innen und außen. Hierzu mussten Teile der Seeseite zurückgebaut werden, die nicht dem ursprünglichen Gebäude entsprachen. Auf der Seeseite kam eine vom Denkmalschutz genehmigte, vorher nicht vorhandene Terrasse und doppelläufige Freitreppe an das Haus. Seit Frühjahr 2009 wird es als Wohnhaus der Eigentümer genutzt.

Der Umbau wurde von den Architekten Huhnhold und Gero Hoppe, Potsdam geplant.

Leistungen
  • Sanierung der denkmalgeschützten Villa mit Neubau Terrasse für Schwimmbad einschl. Freitreppe
  • Leistungsphasen: 1 - 9 HOAI, einschl. Freianlagen
  • Fertigstellung: Dezember 2008

Die Bauausführung erfolgte u. a. durch Roland SCHULZE Baudenkmalpflege GmbH, Potsdam. Die Gartenanlage wurde vom Landschaftsarchitekten Gunnar LANGE aus Bad Belzig ausgeführt.

Weitere Details

  • Das Baugeschäft Adolf & Friedrich Bolle wurde 1850 gegründet und war ein großes Planungs- und Bauunternehmen in Potsdam. Durch einen Bombenangriff im Februar 1945 wurde der Firmensitz am Blücherplatz 4-5 in Potsdam schwer beschädigt und die Akten größtenteils vernichtet. Daher sind nur wenige Informationen dieser Baugesellschaft bekannt.
  • Die hier abgebildeten Bauzeichnungen sind gemeinfrei, weil der Architekt Friedrich Bolle im Juli 1950 in Potsdam verhaftet, zu 10 Jahren Arbeitslager verurteilt und 1951 im Straflager Taischet/Irkutsk in Sibirien/Sowjetunion gestorben ist.[1]

Stolpersteine

Stolpersteine

Am 19. Mai 2022 wurden vor dem Grundstück Stolpersteine für die letzten jüdischen Bewohner - Alfred und Paula Rothschild - gelegt. Alfred verstarb im Dezember 1942 in Theresienstadt an Herzversagen und Paula wurde nach Mai 1944 im Konzentrationslager Auschwitz umgebracht. Weitergehende Informationen sind unter "Erinnerungskultur der Landeshauptstadt Potsdam" einsehbar: Dr. Alfred Rothschild und Paula Rothschild, geb. David

Unterschutzstellung

Begründung Denkmalsschutz 2005/2019
Begründung Denkmalschutz 2005/2019

Zum 1. Januar 2006 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Aus dem Gutachten „Begründung der Unterschutzstellung”:

Das Landhaus liegt an der Südwestseite des Grundstücks und ist als großer, zweigeschossiger Putzbau über einem hohen Sockelgeschoss ausgeführt worden. Der kubische Baukörper schließt mit einem Walmdach und großen Giebelgauben an der Straßenfront und zum Heiligen See ab. Das Sockelgeschoss ist rustiziert, gequaderte Lisenen gliedern die Fassaden der Hautgeschosse risalitartig und münden in den großen Giebelgauben mit Dreieckgiebel. Bis auf wenige Girlandengehänge und Medaillons wird auf dekorierende Elemente verzichtet. Die streng symmetrisch gegliederte Straßenfassade mit großem Treppenhausfenster und Balkon wird von asymmetrischen, sparsam durchfensterten Seitenfassaden flankiert. Die Seeseite nimmt zwar wieder den Symmetriegedanken für die Front vor dem Wohn- und Speisezimmer auf, richtet darauf auch Altan und Giebel aus, schafft dann jedoch mit den zurückgesetzten Herrenzimmern wieder eine Asymmetrie.

Der Grundriss ist weniger streng organisiert und spiegelt sich auch der Fassadengliederung wieder. Das Haus wird an der Südwestseite über eine einläufige Innentreppe erschlossen und führt in die zentral gelegene, großzügige zweigeschossige Halle mit der Haupttreppe. Neben der Eingangstreppe ist die zweiläufige Personaltreppe angelegt. Zur Straße schließen sich eine Garderobe mit Gäste-WC sowie Küche und Anrichte an. Die Seeseite wird von einer Enfilade gebildet, wenngleich die Räume von sehr unterschiedlicher Größe sind. An der Nordseite mit Blick nach Westen auf den See und anschließendem vorgelagerten Altan liegt das größte Zimmer, das Speisezimmer. Herren- und Billardzimmer auf der gegenüberliegenden Seite rahmen das zentrale Wohnzimmer, das ebenfalls über einen Zugang zu dem halbrunden Altan verfügt. Bemerkenswert ist Verkleidung des Herrenzimmers mit Paneelen und Einbaumöbeln sowie der Übergang in das Billardzimmer mit eingestellten Säulen und eine tonnenförmigen, gestuckten Rabbitzdecke.

Im Obergeschoss ist die Erschließung durch eine großzügige Diele erhalten geblieben. Die Nordseite war dem Elternschlafzimmer mit Ankleide und Bad vorbehalten, die seeseitigen Zimmer den Kindern. Alle Zimmer sind mit Schrankwänden ausgestattet, ein Kinder- und das elterliche Schlafzimmer haben einen Austritt auf den Balkon des Altans. Im Souterrain waren neben den üblichen Keller-, Heizungs- und Waschräumen auch zwei Wohnräume für Personal untergebracht. Das Dachgeschoss war in den Giebeln für Gäste- und Mädchenkammern ausgebaut.

Nahezu vollständig erhalten und in guten Zustand ist die Innenausstattung des Hauses, u.a. die Marmorverkleidung des Eingangstreppenhauses, hölzerne Haupttreppe in schlichten klassischen Formen, die Stuck- und Rabbitzdecken und Wandgliederungen, Kamine und Heizkörperverkleidungen, Schiebetüren, Einbauschränke und sonstigen Details.

Das Landhaus Rubinski repräsentiert den Bautypus eines herrschaftlichen Landhauses, das in seinen schlichten Formen ein typischer und zugleich markanter Vertreter des "Bauens um 1800" ist. Der Name bezieht sich auf das gleichnamige Buch von Paul Mebes aus dem Jahre 1908 und wurde zugleich programmatischer Titel einer Architektur-strömung am Beginn des 20. Jahrhunderts, die sich in der Rückbesinnung auf die Architektur und Innenraumgestaltung des Frühklassizismus durch Sparsamkeit und Eleganz, meist breit gelagerte Bau-körper klarer Axialität und einen dezenten Dekor auszeichnete. Diese Haltung formuliert entscheidend die Fortsetzung der Potsdamer Bautradition, ausgehend von den Bauten des 18. Jahrhundert über den Klassizismus bis in die dreißiger und fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts und hat so nachhaltig Potsdams architektonisches Erscheinungsbild geprägt. Es weist zugleich auf die bekannte und wenig erforschte Potsdamer Baufirma Bolle hin, die hier vor allem auch durch die Entwurfstätigkeit des Architekten Friedrich Bolle (1880 – 1951 in Sibirien/Sowjetunion) in Erscheinung tritt, der dem repräsentativen Erscheinungsbild des Hauses entsprechend eine gehobene, in der Verwendung seiner Formen und Materialien ebenso strenge Innenausstattung von hoher künstlerischer Qualität schuf. Aus den oben genannten Gründen kommt dem Landhaus somit künstlerische und bauhistorische sowie wissenschaftliche Bedeutung zu.

Auch durch seine besondere Nutzungsgeschichte im Kontext der nationalsozialistischen Judenverfolgung kommt dem Landhaus städtebauliche und stadtgeschichtliche Bedeutung zu.

Fotos

Bauzeichnungen

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Bauzeichnung - Grundrisse vom Architekten Friedrich Bolle 1912 Quelle: Acta specialia Seite 28

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Bauzeichnung - Fassaden vom Architekten Friedrich Bolle 1912 Quelle: Acta specialia Seite 30

Aktuelle Aufnahmen

Historische Aufnahmen 1923

Diese Fotos wurden von der Familie von Maltitz/Vetter zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Das Ehepaar Dr. Eugen und Ella von Maltitz wohnten zwischen Januar 1921 bis April 1924 im Landhaus Rubinski, während das Ehepaar Rothschild die Wohnung der von Maltitz am Kurfürstendamm 179 in Berlin-Wilmersdorf bewohnten. Eugen von Maltitz war Generaldirektor/Vorstand der J. Brüning & Sohn Aktiengesellschaft, die ihre Hauptverwaltung damals in Potsdam hatten.

Fassadenansicht Seeseite 1923
Wintergarten 1923
Speisezimmer 1923
Arbeitszimmer 1923


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Quellen

  • In vielen Publikationen - Zeitungen, Orts- und Reisebschreibungen - wird das Haus der Lehrer irrtümlich als Haus des Lehrers bezeichnet. Ein Foto vom 2. Mai 1966 vom Fotografen Werner Taag zeigt aber eindeutig, dass hier voneinander falsch abgeschrieben wurde. Das Foto ist im Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte unter FS24684 einsehbar (darf aber hier aus rechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden).
  • Geschichtsort Potsdam - Julia Baumhauer u. a.: Die kleine Geschichte des Warenhauses Hirsch, hrsg. v. Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg, Potsdam 2000, zitiert in: Leo v. Lobenstein, Johann Schramm: Kaufhaus Magda Hirsch, Website Geschichtsorte Potsdam:
  • Die Akten des "Haus der Lehrer" befinden sich im Brandenburgischen Landeshauptarchiv (BLHA) - sind aber noch nicht gesichtet (August 2022)

Einzelnachweise

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